Grazer Kunstverein

 

2001 | Ilya Kabakov





20. August 1968

Eröffnung
am Samstag, 17. März 2001 um 19.00 Uhr
Zur Ausstellung spricht Peter Pakesch

Buchpräsentation
Sonntag, 22. April 2001, 11.00 Uhr
Ilya Kabakov: Die 60er und 70er Jahre. Aufzeichnungen über das inoffizielle Leben in Moskau.
Mit einem Nachwort von Boris Groys.
Aus dem Russischen von Wolfgang Weitlaner.
Passagen Verlag, Frühjahr 2001.
im Rahmen 'aktuelle kunst in graz'

Führungen
jeden Donnerstag um 18.30 Uhr
jeden Sonntag um 11.00 Uhr

Dauer der Ausstellung
Sonntag 18. März - Sonntag 13. Mai 2001
Di-Fr 11.00-19.00 Uhr
Sa-So 11.00-15.00 Uhr

Die Installation "20. August 1968" entstand für die Ausstellung "Quartett" in der Kunsthalle Basel im September 2000, die Arbeiten von Ilya Kabakov, John Baldessari, Joseph Kosuth u. Michelangelo Pistoletto versammelte.

Der Rückblick auf jene Zeit, in der die vier Künstler ihre ersten wichtigen Arbeiten realisiert haben, fokussierte den Tag vor dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in Prag. Für die Installation "20. August 1968" erstellt Ilya Kabakov eine archivarische Ordnung, die den Blick auf seine persönliche Sicht dieser Zeit genauso reflektiert wie die politische Situation in den verschiedenen Weltgegenden. Zeichnungen, Skizzen, Notizen, Briefe und Postkarten aus seinem damaligen Alltag werden in Kopie Ausschnitten aus internationalen und lokalen Tageszeitungen vom 20. und 21. August 1968 gegenübergestellt. Mit der Verortung der eigenen Arbeit innerhalb der politischen Berichterstattung wird deutlich, dass die Wurzeln von Kabakovs Schaffen im Zwischenbereich von künstlerischer Isolation und gesellschaftlichem und sozialpolitischem Engagement liegen. Die Präsentation von Kopien und Reproduktionen auf neugefertigten Tischen und Stellwänden läßt die Wahrnehmung der Geschichte einerseits verblassen, andererseits fordert sie eine aktualisierte Auseinandersetzung. Im Zentrum der Installation steht ein Guckkasten, in dem ein Zirkus untergebracht ist. Der Besucher hat die Möglichkeit, per Knopfdruck den Zirkus in Bewegung zu setzen.
Aber nur der Affe jongliert zur aufspielenden Musik.

Ilya Kabakov beschränkt sich in seiner Kunstproduktion nicht auf ein bestimmtes Medium, vielmehr führt ihn die von ihm angestrebte Gleichberechtigung von Wort und Bild zu jenen Installationen, die für seine Arbeit charakteristisch geworden sind. Die Differenz der Wahrnehmungsebenen von Text und Bild betont die kommunikative Dimension des Kunstwerks, wobei "alle möglichen Täuschungen, Selbsttäuschungen, Absurditäten, Missverständnisse, Sackgassen und Unmöglichkeiten" Motivation sind für die künstlerische Mitteilung (Boris Groys). Die Vorliebe für das Gespräch, die Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem Ding sind es, die Kabakovs Installationen stets von neuem beleben. Der Katalog der Basler Ausstellung enthält einen Textbeitrag aus dem Buch "Die 60er und 70er Jahre", (Passagen Verlag 2001) Ilya Kabakovs aus dem Jahr 1968, in dem er vom "Verbergen" spricht.
"Das Verbergen ist eine Situation, in der etwas gesagt und geäußert wird, was man nicht meint." In diesem Spannungsfeld von Verbergen und Zeigen entsteht ein Dialog zwischen Werk und Betrachter, es lässt ihn "abdriften in die verschiedensten, oft weit entfernten Sphären der Kulturologie, der Philosophie, der Sozialpsychologie". Dieses Abdriften bedeutet aber auch das Schaffen von fiktiven Bildern, wobei Realität und Fiktion oft ineinander übergehen. Der Stellenwert der Fiktion war in der Moskauer Kunstszene nicht zuletzt politisch motiviert, bot jedoch die Möglichkeit, den Alltag zu fliehen und Räume aufzutun jenseits von Unterdrückung und Kontrolle.
Die Kunst Ilya Kabakovs spiegelt vielfach die Erfahrungen wider, die er in Russland gemacht hat, sie beschreiben aber auch jene vorgefassten Bilder, die der Westen vom Osten kultiviert hat. In seinen zum erstenmal in deutscher Sprache veröffentlichen Erinnerungen macht Ilya Kabakov das Klima jener Zeit einem erweiterten Publikum zugänglich.

 

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