Grazer Kunstverein

 

1998 | Swetlana Heger/Plamen Dejanov

Swetlana Heger/Plamen Dejanov, Anita Leisz, Markus Schinwald

Eröffnung
am Samstag, dem 18. April 1998, um 21.00 Uhr

Dauer der Ausstellung
Sonntag 19. April - Freitag 15. Mai 1998
Di-Fr 11.00-19.00 Uhr
Sa-So 11.00-15.00 Uhr

Ort
Bürgergasse 4

Swetlana Heger und Plamen Dejanov arbeiten seit 1994 zusammen an Projekten, die das komplexe Handlungsfeld von der Herstellung von Kunst, über das Ausstellen und das Erfassen des Kunstwerks bearbeiten. Die Künstler stellen Plattformen her, die, präsentiert im Ausstellungsraum, vermietet werden. Die Mieter sind Firmen, Künstler, Musiker u.a., die die Plattform für die Bewerbung ihrer Produkte oder ihrer Serviceleistungen nutzen. Das Geld, das hierbei verdient wird, investieren Heger/Dejanov wiederum in Kunst. Sie kaufen Werke von anderen Künstlern oder Design-Objekte, die eine Sammlung ergeben und als solche ausgestellt werden. Manchmal "vermieten" Swetlana Heger und Plamen Dejanov ihre eigene Arbeitskraft, verdienen damit Geld, mit dem sie einen Stuhl von Charles Eames, oder eine Lampe von Vistosi kaufen. Diese Produktionsschleifen, dienen den Künstlern dazu das einzelne Objekt nicht als Form zu isolieren, sondern es in den Zusammenhang sozialer Felder zu stellen. Die Skulptur als Formenkonstrukt besteht hier nicht aus den einzelnen Bestandteilen der Plattform, der Kunstwerke oder der Möbel, sondern aus den sie verbindenden Handlungssträngen, die sich in der "Formgebung" manifestieren. Wesentlich für die Künstler ist dabei die Tatsache, daß trotz der Repräsentation im musealen Ausstellungsraum, dieser durch die ökonomischen Vorgänge des Vermietens, der Werbung oder der Dienstleistung nach beiden Richtungen hin geöffnet wird. Der Kunst im öffentlichen Raum kommt dabei eine neue Bedeutung zu. Es geht nicht um die Verlagerung der Kunst oder die Interaktion, sondern es handelt sich um einen natürlichen Austausch von Handlungssystemen und die Reflexion ihrer kontextuellen Bedingungen.

Anita Leisz präsentiert in der Ausstellung ihr jüngst erschienenes Buch "DEN REST Die Letzten Ereignisse". Die steirische Künstlerin verwendet das Comic als Ausdrucksmittel für die Erzählung einer Geschichte, die sie im nächsten Moment in Einzelbilder zersplittert, und deren Inhalte wie Filmstills für eine neue Vernetzung der Vorgänge verfügbar gemacht werden. Das Comic, als Vorläufer des Films, wird hier auf sein mögliches Darstellungspotential überprüft, aber auch weitergedacht. In der Verbindung von Text und Bild, der Gleichzeitigkeit von Gesagtem und Gedachtem, von Intimität und Distanz, bedient sich Anita Leisz der Bildwelt des Comic, um die subjektive Figur von DEN REST herauszuschälen. Seine Identität setzt sich aus persönlichen und fiktiven Charakterzügen zusammen, und wird damit zum Mittler zwischen den Realitäten. Das Hin und Herzappen zwischen Gedankensplittern und Dialogen, zwischen Großstadtperspektive und Privatsphäre, wird auch im sprachlichen Duktus vollzogen. Einzelne Worte oder Sätze erscheinen bruchstückhaft, und sind einer verbalen Ausdrucksweise angepaßt, deren Lücken mit Blicken und Sprechpausen gefüllt, der Geschichte jene Dramatik verleihen, die DEN REST zum Helden macht.

Die Angepaßtheit von Kleidung ist der Ausgangspunkt für die Arbeiten von Markus Schinwald. Seine Kleider, Hemden oder Schuhe folgen körperlichen Bedingungen, ohne ihre Veränderbarkeit zu berücksichtigen. Die Paßform bildet eine zweite Körperlichkeit, die sich über ihre formale Ausprägung definiert. Für die Arbeit "Jubelhemd" hat Markus Schinwald einem Hemd die Ärmel verkehrt eingenäht; der Träger dieses Kleidungsstückes kann seine Arme nur nach oben halten; es bleibt ihm bloß das Jubeln. Für die Ausstellung im Grazer Kunstverein hat der junge Salzburger Künstler Schuhe präpariert. Zehenfreie Damenstiefel, in Turnschuhe umgebaute Schlangenlederschlüpfer, oder Turnschuhe mit einer schweren Holzsohle sind jeweils Grenzfälle der tragbaren Norm. Ihre Formen legen die körperlichen und ästhetischen Codes frei, denen die Mode unterworfen wird. Das Bild von Mode, das sich über die Werbung, Einschaltungen oder das Plakat transportiert, ist bei Markus Schinwald ein weiterer Teil in deren Paßform er eingreift. Inserate werden manipuliert, indem die von ihm enworfenen "Kleidskulpturen" in bestehende Werbeeinschaltungen eingebaut werden, und diese wiederum in gängigen Modemagazinen aufscheinen.

 

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