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15. März – 18. Mai 2014

Lisa Oppenheim
'From Abigail to Jacob (Works 2004–2014)'


Lisa Oppenheim

‘Multicultural Crayon Displacement (Peach II)’, 2008
Unique Cibachrome photogram, 50,8 x 43,2 cm
Courtesy the artist, The approach and Galerie Juliètte Jongma

Im letzten Jahrzehnt hat die Künstlerin Lisa Oppenheim (geb. 1975, US) beständig einen einzigartigen Werkkorpus entwickelt, in dem sie den Gebrauch (historischer) Bilderwelten erforscht. Angesiedelt zwischen Aneignung und Rekonstruktion basiert ihre Arbeit auf Ersetzungen, die bei filmischen und fotografischen Aufzeichnungen zum Einsatz kommen, welche Geschichtliches und die Gegenwart übertragen und in einer zeitgenössischen Formensprache darstellen. Ihre Arbeit ließe sich auch als eine Archäologie von Zeit und visueller Kultur definieren. Indem sie unterbewertetes, verborgenes Archivmaterial ans Licht bringt, überbrückt Oppenheim die Wahrnehmung von Zeit und verleiht dem Material eine neue Bedeutung. Diese Vorgangsweise hat Zelluloid-Arbeiten, Filme und Fotografien zum Ergebnis, welche die Vergangenheit in der Gegenwart kommunizieren und ein bedeutungsloses Dokument zu einer Dokumentation transformieren.

‘From Abigail to Jacob (Works 2004–2014)’ ist Lisa Oppenheims erste große Arbeit für eine Institution und spannt sich über eine Produktionszeit von einem Jahrzehnt. Die Arbeit umfasst frühe Drucke und Diaproduktionen bis zu neueren Fotogrammen und Filmen.

Die Ausstellung wird in Zusammenarbeit mit dem Kunst­verein Hamburg und dem französischen Kunstfonds FRAC Champagne-Ardenne, Reims organisiert. Begleitend zur Ausstellung erscheint die erste mono­grafische Publi­kation der Künstlerin, publiziert von der Sternberg Press.


The Members Library*
‘Cathay’ von Lisa Oppenheim


Lisa Oppenheim

‘Cathay’, 2010, 16mm double projection
Courtesy the artist, The approach and Galerie Juliètte Jongma

Für ihre Filminstallation Cathay (2010) fand Oppenheim das Fragment eines Gedichtes, das Pound aus den Notizen Ernest Fenollosas vermutlich aus dessen Übersetzungen des chinesischen Dichters Li Bai aus dem 8. Jahrhundert konstruiert hatte. Fenollosa war ein amerikanischer Gelehrter, der in Japan lebte. Weder Pound noch Fenollosa verfügten tatsächlich über Kenntnisse der chinesischen Sprache. Fenollosa erstellte diese und andere fragmen­tarische Übersetzungen, die Pound später in der äußerst einflussreichen Gedichtanthologie Cathay – eine veraltete Bezeichnung für China – umsetzte.

Oppenheim schickte die originale, unübersetzte Version des Gedichtes an einen Professor für ostasiatische Sprachen und Literatur und erhielt, wie zu erwarten, eine ganz andere Version zurück. Der Film bewegt sich langsam von Pounds Übersetzung zu einer ,korrekteren‘ oder vielleicht wörtlichen Übersetzung. Die Bewegung ergibt sich durch den Ersatz von Wörtern durch entsprechende Szenen oder Objekte, die im visuellen Raum der Chinatown in New York City gefilmt wurden.

Indem sie Wörter zurück in Bilder verwandelt, kehrt die Künstlerin Pounds Strategie der Übersetzung um. Die linke Seite der doppelten Projektion beginnt mit Pounds Gedicht als Ganzem, während die rechte Projektion eine Abfolge von Bildern zeigt. Die Bilder auf der rechten Seite sind visuelle Gegenstücke von Ausdrücken aus der neuen Übersetzung und entsprechen nur dann dem Text auf der linken Seite, wenn beide Übersetzungen ähnlich sind. Bilder ersetzen langsam den Text auf der linken Seite und umkehrt bis zum Ende des Films, wenn der linke Teil gänzlich aus Bildern besteht, der rechte dagegen völlig aus Text. Das Gedicht wird durch seine sieben Wiederholungen hindurch neu zusammengesetzt, neu geschaffen.

*The Members Library wurde von der Künstlerin Céline Condorelli in Zusammenarbeit mit Harry Thaler als permanente Intervention mit dem Titel „Things That Go Without Saying“ entworfen und gestaltet. Die für die The Members Library konstruierte Struktur gehört zu der Serie 'Additionals'. Diese unterschiedlichen requisitenartigen Objekte, quasi-funktionale Strukturen, rangieren ihrer Natur nach zwischen Möbel und Architektur.


The Peacock
*Neue Ergänzungen

Maaike Schoorel*
'Lisa via webcam', 2014

maaike schoorel
Maaike Schoorel
‘Lisa via webcam’, 2013, oil on canvas, 81 x 107 cm
Courtesy Maureen Paley

Maaike Schoorels Arbeit ist am Rande der Lesbarkeit positioniert. Ihre figurativen Gemälde erscheinen verblasst oder ausgebleicht durch Pinselstriche, die Umrisse und verhaltene Zeichen andeuten. Diese Umrisse implizieren Bereiche von Farbe oder Schatten, welche dem oder der BetrachterIn die Partizipation am Gemälde ermöglichen. Damit sich die Bilder langsam mit der Zeit entwirren können, ist es notwendig, die Wahrnehmung zu verlangsamen. Schoorel verwendet Fotografien von Familie, Freunden und sich selbst als Bezugs- und Inspirationsquellen ihrer Arbeit. Die Künstlerin Lisa Oppenheim, eine nahe Freundin von Schoorel, wird in „Lisa“ porträtiert. Nachdem ein Foto gewählt und beschnitten wird macht Schoorel dieses fast unsichtbar. Durch einen ungleichmäßig angewandten Prozess subtiler und minimalistisch gemalter Schichten lässt sie das originale Bild verblassen und neue Perspektiven zum Vorschein kommen.


Barbara Visser*
'Vereinvögel/ Societybirds', 2014


Barbara Visser

‘Vereinvögel/ Societybirds’, 2014
Courtesy the artist, Gallery Annet Gelink and Grazer Kunstverein

Die Räumlichkeiten des Grazer Kunstvereins sind ganz buchstäblich transparent, denn seine Fassade ist vollständig mit Fenstern bedeckt. BesucherInnen und PassantInnen spähen immer wieder ins Innere, um einen Blick auf die Ausstellungen oder stattfindenden Events zu erhaschen. Die niederländische Künstlerin Barbara Visser erkundet diese Spannung zwischen Öffentlich und Privat in einer semi-permanenten Auftragsarbeit, die den größten Teil der Fassade des Kunstvereins einnimmt. Barbara Visser befasst sich in ihrer Arbeit mit der unbestimmten Beziehung zwischen Aufzeichnung und Dramatisierung. Viele ihrer Arbeiten behandeln die Vorstellungen von Original und Kopie und werfen die Frage auf, ob diese Kopien ,sich gut verhalten‘ und dem Original gerecht werden, oder ob sie betrügerische Zeichen sind, welche das Original in einem Wirbel der Täuschung verschlingen. Die Arbeit ist formal sehr variantenreich und erstreckt sich von Fotografie, Film über Video zu gedruckter Materie. Text und Performance bleiben jedoch in immer wiederkehrenden Themen wie Authentizität und Künstlichkeit, Wahrnehmung und kultureller Kodierung, Konvention und Ausnahme, Reproduktion und Dokumentation verankert. Indem sie bestehende Systeme auf vielfältige Weise infiltriert und reflektiert, fördert die Künstlerin den oder die BetrachterIn heraus, tief verwurzelte Wahrnehmungsmuster zu überdenken.


Nina Beier
'Tragedy', 2011

Ein persischer Teppich am Eingang des ersten Galerieraums wurde zur Bühne einer Performance, in der verschiedene HundebesitzerInnen die Ausstellung zu unangekündigten Zeiten aufsuchten und ihre Tiere baten, sich 'tot zu stellen'. Das Ergebnis war eine absurd theatralische Geste, bei der einen Augenblick lang das Tier sowohl als Stillleben wie als 'Torwächter' zu den Ausstellungsräumen fungierte. Der Teppich wird jedoch im Verlauf des gesamten Jahres im Grazer Kunstverein verschiedene Funktionen erfüllen, und daher seinen eigenen Wert und seine Präsenz in Frage stellen.


Will Stuart
'Über die Positionierung einer Reproduktion von Michelangelo Pistolettos Struttura per parlare in piedi (Struktur, um im Stehen zu reden), 1965–66 aus der Serie Oggetti in meno (Minus-Objekte), Nachbildung', 2012

An ausverhandelten Aufstellungsplätzen präsentieren Will Stuart (Will Holder und Stuart Bailey) eine Nachbildung der 'Struttura per parlare in piedi', einer Arbeit von Michelangelo Pistoletto (geb. 1933 in Italien). Diese Arbeit ist Teil seiner Reihe 'Minus-Objekte'. Begleitet wird das Werk von einer öffentlichen Bekannt­machung, welche die ursprünglichen Intentionen hinter der Arbeit wie auch die Frage untersucht, wie spätere Verhandlungen mit den verschiedenen Beteiligten ihren doppeldeutigen Zweck als Möbelstück (zum Anlehnen für die Besucher) und als Metapher (für Konversationspolitik) reflektieren. Das Objekt wird ständiges Thema der Auseinander­setzung bei der Beschäftigung mit Raum und Funktion innerhalb des diskursiven Programms sein.

Michelangelo Pistolettos Werk wurde bereits 1988 im Grazer Kunstverein ausgestellt.


Die Arbeit von Barbara Visser wird großzügigerweise von Mondriaan Fund unterstützt.