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Sommer im Grazer Kunstverein

Elisabeth von Samsonow
The Elder Poem
25. Juni – 12. September 2021


Bild Courtesy die Künstlerin
 

Ringel, Ringel, Reihe,
sind der Kinder dreie,
wir sitzen unterm Hollerbusch
 
Die Ausstellung beginnt fast 300 km von hier entfernt im Land der Göttinnen, in einem üppigen und vielfältigen Ackerland in der Region Hollabrunn in Niederösterreich. Diese fast vier Hektar große Fläche wurde 2020 von Elisabeth von Samsonow und einer Gruppe von Künstler*innen und Unterstützer*innen erworben und ist zu einem Ort tiefgreifender künstlerischer Aktivitäten geworden. Von der Enthüllung des „Brunnens von Holla“ über die Lehre zur Rolle des Holunders und der Weißen Göttin bis hin zu einem Veranstaltungsort für performative und diskursive Veranstaltungen bietet das Land Elisabeth von Samsonow und ihren Kolleg*innen des Dissident Goddesses‘ Network und darüber hinaus die Möglichkeit, das Territorium neu abzubilden und dabei neue Wege zu finden, sich mit Natur, Kunst, Philosophie sowie miteinander in einem zu diesem Zweck errichteten Parlament auseinanderzusetzen.
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Die Verbindung zwischen der Natur und ihren Göttinnen, dem Land, dem Reisen und dem Fest des Göttlichen hat eine lange Tradition in der Steiermark, wo man im Universalmuseum Joanneum in Graz einen Kultwagen aus der Zeit um 600 v. Chr. besichtigen kann. Dieser archäologische Bronzefund aus der Hallstattzeit soll ein Opferritual mit einer Prozession darstellen, in deren Zentrum eine weibliche Figur steht. Der sogenannte „Kultwagen von Strettweg“ diente als Inspiration für von Samsonows neueste Werkserie - eine Ansammlung von Kultwägen, die die Brezelgöttin bei ihrer Umrundung der Erde unterstützen.
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von Requisiten von A Visit, A Ceremony, A Gift als Teil von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Bezugnehmend auf die Weiße Göttin, wie in Robert von Ranke-Graves‘ gleichnamigem Buch (The White Goddess) beschrieben, beschwört von Samsonow eine Welt, in der die Geheimnisse und die Weisheit der Natur durch Poesie als Kontakt mit dem Göttlichen zugänglich sind. In von Samsonows Worten: „Territorialisierung, unbeabsichtigt oder beabsichtigt, bedeutet, in die eigene Welt zurückzukommen, sich wieder mit einem Teil der Welt zu verbinden.“ Mit ihrer kollaborativen Filmarbeit A Visit, A Ceremony, A Gift öffnet von Samsonow Portale zwischen dem Land der Göttinnen und nahen und fernen Inseln, von einem schwimmenden Hügel in Graz bis hin zu abgelegenen Teilen von Galway an der Westküste Irlands. Von Samsonows Bestreben, die natürliche Welt in unsere alltägliche Imagination zu bringen, lässt Zeitskalen und Distanzen zusammentreffen und evoziert nicht nur die Vergangenheit, sondern auch mehrere potenzielle Zukünfte in jedem heiligen irdischen Moment, den ihre Werke erschaffen.
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von A Visit, A Ceremony, A Gift als Teil von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von A Visit, A Ceremony, A Gift als Teil von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Elisabeth von Samsonow, Ausstellungsansicht von A Visit, A Ceremony, A Gift als Teil von The Elder Poem, Sommer 2021, Grazer Kunstverein. Foto von Christine Winkler
 
Elisabeth von Samsonow (geb. 1956) ist eine deutsch-österreichische Künstlerin, Aktivistin und Philosophin. Sie ist Professorin für Philosophische und Historische Anthropologie an der Akademie der bildenden Künste, Wien, und Gründungsmitglied des The Dissident Goddesses’ Network, einem Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen und Künstler*innen, der neue Herangehensweisen zu paläolithischen und neolithischen Frauenstatuetten aus Niederösterreich entwirft. Außerdem ist sie Mitgründerin von The Land of the Goddesses, einem Projekt auf vier Hektar Land, das dem Matriarchat, der Kunst und der Entwicklung von ökologischem Bewusstsein gewidmet ist.
 
In ihrer Arbeit als Künstlerin und Kuratorin konzentriert sie sich auf die systemische und symbolische Stellung von Skulptur und Plastik. Ihre künstlerische Praxis umfasst Skulptur, Performance, Malerei, Video und Installation. Ihre Forschung beschäftigt sich mit der Geschichte der Philosophie und der Religion, der Theorie eines kollektiven Bewusstseins, der Geschichte der Beziehung von Kunst und Technik, Religion und Psychoanalyse, der Geschichte der Wahrnehmung von Frauen und weiblicher Identifikation (Young Girl Studies), der Auflösung des Selbst in der Moderne und feministischer Ökologie.
 
Zu ihren neuesten Publikationen zählen Anti Electra. The Radical Totem of the Girl (Minnesota University Press, Minnesota 2019), The Goddesses Books (Herausgeberin von 4 Ausgaben, Verlag für Moderne Kunst, Wien 2019–2020), Epidemic Subjects – Radical Ontology (Diaphanes, Zürich/Berlin, 2017) und Egon Schiele als Sammler (Bibliothek der Provinz, 2016). Sie zeigte ihre Arbeit und Projekte in Einzelausstellungen im Naturkundemuseum, Wien (2020), in der Dominikanerkirche in Krems (2016) und im MuseumsQuartier, Wien (2015). Sie performte unter anderem bei der Biennale di Venezia (2019), der Solyanka Nationalgalerie Moskau (2017), dem Museum für angewandte Kunst, Wien (2016) und dem Kunstraum Niederösterreich, Wien (2016). Von Samsonow nahm an zahlreichen Gruppenausstellungen teil, kürzlich im Kunstverein Kärnten (2020), im Leopoldmuseum, Wien (2018) und in der Kunsthalle Tirol (2018). Ihre künstlerischen Arbeiten befinden sich in Sammlungen wie jener des Belvedere Museums, Wien, des Bundeskanzleramtes Österreich, der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich.
 
Als Teil ihrer Ausstellung The Elder Poem wird eine aktuelle kollaborative Filmarbeit von Elisabeth von Samsonow gezeigt. Der Film mit dem Titel A Visit, A Ceremony, A Gift wurde vom TULCA Festival of Visual Arts als Teil des “Unselfing Programme“ im Rahmen von Galway europäische Kulturhauptstadt 2020 mit Unterstützung der französischen Botschaft in Irland in Auftrag gegeben.